Die Übertragung von Botschaften durch Bilder wird in diesem Werk eingehend untersucht. Im Mittelalter entstanden trotz des Bilderverbots zahlreiche Modelle, um das Unsichtbare im Diesseits darzustellen. Die AutorInnen zeigen, dass in der mittelalterlichen Ästhetik und Zeichentheorie keine strikte Trennung zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem bestand. Sie belegen, dass differenzierte Modelle entwickelt wurden, die Unsichtbares und Sichtbares miteinander in Beziehung setzten. Diese Modelle prägten die Darstellungsformen, die Inszenierung von Bildern und den Bildkult. Die Themen umfassen die Ästhetik des Unsichtbaren, das Zusammenspiel von Außen- und Innenseiten von Flügelretabeln, die Wolke als Medium, visuelle Metaphern von Sexualität in der christlichen Kunst des Mittelalters sowie ikonographische Erfindungen im 12. Jahrhundert. Weitere Beiträge behandeln die Formaterweiterungen in den Très Riches Heures der Brüder Limburg, exklusive Sichtbarkeit in Filippino Lippis Cappella Carafa, die Funktion mittelalterlicher Sternbilderdarstellungen, die antike Tradition eines Marienbildes sowie Freundschaft und kollektive Bildstiftung im spätmittelalterlichen Verona. Auch die Anfänge der spiritistischen Kunst und die Beziehungen zwischen Eucharistie und Bildschöpfung werden thematisiert.
David Ganz Livres






Clothing sacred scriptures
- 321pages
- 12 heures de lecture
According to a longstanding interpretation, book religions are agents of textuality and logocentrism. This volume inverts the traditional perspective: its focus is on the strong dependency between scripture and aesthetics, holy books and material artworks, sacred texts and ritual performances. The contributions, written by a group of international specialists in Western, Byzantine, Islamic and Jewish Art, are committed to a comparative and transcultural approach. The authors reflect upon the different strategies of »clothing« sacred texts with precious materials and elaborate forms. They show how the pretypographic cultures of the Middle Ages used book ornaments as media for building a close relation between the divine words and their human audience. By exploring how art shapes the religious practice of books, and how the religious use of books shapes the evolution of artistic practices this book contributes to a new understanding of the deep nexus between sacred scripture and art.
Bis heute sind unsere Annahmen über das Betrachten von Bildern von einem statischen Wahrnehmungsmodell geprägt, das die perspektivische Fixierung des Augpunktes zur Norm erklärt. Die im vorliegenden Band versammelten Texte stellen dagegen den Zusammenhang von Bild und Mobilität der Wahrnehmung in den Mittelpunkt: Gezeigt wird, dass die Bildkulturen der Vormoderne von einem Sehen in Bewegung bestimmt waren, das auch vor den Perspektivbildern der frühen Neuzeit nicht Halt macht. Das Phänomen des peripatetischen Sehens wird in wechselnden Gattungen und historischen Situationen verfolgt und dabei vor dem Hintergrund unterschiedlicher kunsttheoretischer, bildtheologischer und philosophischer Diskussionen beleuchtet.
Kleidung im Bild ist nicht bloß Nebeneffekt einer Bildkultur, die den menschlichen Körper ins Zentrum stellt. Textilien haben – gerade in der Vormoderne – zusätzlich zur kulturellen Symbolik einen besonderen Bildwert. Die Überfülle dargestellter Gewänder, ihre Farbigkeit und das Formenspiel der Falten und Muster erweisen sich als zentrales Gestaltungsmedium der Künstler. Zusammen mit einer seit der Antike wirkenden Metaphorik des Bekleidens werden Gewänder zum bevorzugten Träger bildspezifischer Bedeutungen: Allegorien werden sprechend gemacht, komplexe Erzählungen organisiert, und sonst Unsichtbares kommt darin zur Anschauung.
Die Apokalypse prägte die Buchkunst im Mittelalter wie kaum ein anderes Buch der Bibel. Das Christentum las die Johannes-Offenbarung als universalen Schlüsseltext, der Aufschluss über das bevorstehende Ende der Welt, den göttlichen Plan der Heilsgeschichte, die Rolle der Kirche und die Wege zur Errettung des Einzelnen versprach. Zur ›Enthüllung‹ seiner Offenbarung bediente sich Gott teils Furcht erregender, teils tröstlicher Visionsbilder. Die Buchkunst hat seit den Karolingern eine dichte Reihe bebilderter Apokalypsen hervorgebracht. Die Fülle der Miniaturen zeigt dieser prächtig bebilderte Band am Beispiel weltbekannter Handschriften. Die Bamberger Apokalypse ist ebenso darunter wie der Morgan Beatus, die Hamiltonbibel oder die Trinity-Apokalypse. David Ganz entschlüsselt den geheimnisvollen Bilderkosmos, erklärt theologischen Gehalt und kunsthistorische Bedeutung.
Medien der Offenbarung
- 436pages
- 16 heures de lecture
Das Christentum ist im Mittelalter auf visuelle Medien angewiesen, um Einblicke in das Unsichtbare zu gewähren. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Vision, die in materielle Bilder übertragen werden muss, um einem breiteren Publikum zugänglich zu sein. Die Möglichkeit, das Unsichtbare zu sehen, wird im Mittelalter intensiv reflektiert, und Werke der Bildkunst tragen zu diesem Diskurs bei. Anders als in der Neuzeit geht es nicht darum, Visionen mimetisch zu simulieren. Vielmehr bieten die Bilder Lagepläne, die verschiedenen Arten des Sehens spezifische Orte innerhalb der Bildstruktur zuweisen: äußere Wahrnehmung, innere Schau und das durch menschliches Sehen hindurchsehende Auge Gottes werden durch Grenzziehungen definiert. Das Buch beleuchtet drei mediale Konstellationen, die die Geschichte der Visionsdarstellung zwischen Früh- und Spätmittelalter prägen: die Vision als Schrift-Bild, die Vision als Innen-Raum und die Vision als Körper-Zeichen. Diese Darstellungen bieten wertvolle Einblicke in die Bedeutung bildgestützter Kommunikation innerhalb einer (angeblichen) „Schriftreligion“ und fördern das Verständnis einer Vorgeschichte offener Bild- und Medienkonzepte, die das auf Mimesis basierende Staffeleibild der Neuzeit ablösen.
Sehen und Sakralität in der Vormoderne
- 309pages
- 11 heures de lecture
Das Verhältnis von Mensch und Gott, von Diesseits und Jenseits, von Profan und Sakral wird stets über Sehmodelle definiert. Im Zentrum des Bandes steht die Frage, welchen Anteil die Bildmedien der Vormoderne an der Prägung religiöser Blickformen haben.
Das Buch bietet eine neue Untersuchung der monastischen Kultur der Karolingerzeit. Ihre Tragweite wird bei der Behandlung der Themen und Inhalte der Handschriften aus der Bibliothek von Corbie deutlich. Mit der Geschichte der Abtei, ihrer Missionstätigkeit und den entscheidenden Veränderungen der karolingischen Kultur ist auch die Entwicklung des Skriptoriums von Corbie verbunden. Durch ein genaues Studium der Notizen und Randbemerkungen erfahren wir, wie die Handschriften in Corbie gelesen und benutzt wurden. Patristische und klassische Zitate in den Schriften der Autoren, die in Corbie gearbeitet haben, verdeutlichen, auf welche Art und Weise Anspielungen und Änderungen zu charakteristischen Bestandteilen jener Kultur wurden und welche Mittel sie zu ihrer Bewertung bieten. Die Untersuchung endet mit einer detaillierten Beschreibung aller erhaltenen Handschriften der einstigen karolingischen Bibliothek von Corbie. Ein Register erschließt das Werk.
Hochmittelalterliche Evangeliare, spätmittelalterliche Diptychen und Andachtstriptychen, Renaissance-Retabel, Truhendeckel: Verschiedenste vormoderne Bildträger teilen die Eigenschaft der Klappbarkeit. Das Umwenden von Flügeln oder Seiten ermöglicht eine Abfolge mehrerer Anblicke. Wird ein solches Trägermedium regelmäßig in verschiedenen Zuständen betrachtet, beginnen die ›verborgenen‹ Bilder durch vorgelagerte Schichten ›durchzuschimmern‹. In sich bewegliche Bilder multiplizieren zudem mögliche Blick- und Personenrelationen. Die Autoren diskutieren die dynamischen Potentiale des Auf- und Zuklappens erstmals an einem breiten Spektrum von Medien und zeigen, wie gezielt vormoderne Künstler dieses Prinzip in ihre Gestaltung einbezogen.
Buch-Gewänder
- 368pages
- 13 heures de lecture
David Ganz beschäftigt sich in seiner Studie mit der beispiellosen Aufwertung der Buchhülle im Mittelalter. Die kostbar leuchtenden Oberflächen aus Elfenbein, Gold und Seide unterstreichen den Status der Bücher als materielle Objekte. Zugleich ist die Außenseite ein Ort, an dem eine Überblendung mit Bildern möglich ist. Die Studie zeigt die vestimentären Qualitäten der Prachteinbände: Ihre Rolle ist die eines Gewandes, das die Heiligkeit der Bücher und ihr sakramentales Corpus zum Vorschein bringt. Prominente Fallbeispiele wie das Evangeliar der Königin Theodelinda oder der Buchkasten des Uta Codex verdeutlichen, wie die Prachteinbände zum Bindeglied zwischen sichtbarer Materialität des Geschriebenen und unsichtbarer Präsenz des Numinosen werden. Damit wirft die Geschichte der Buchhüllen, die David Ganz in diesem Band nachzeichnet, ein Schlaglicht auf das ikonische Potential von Büchern überhaupt.