Eva Maria Auch Livres






Deutsche Winzer im multikulturellen Umfeld Aserbaidschans
Erinnerungsbericht des Julius Vohrer (1887 - 1979)
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Lebens- und Konfliktraum Kaukasien
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Am 28. Mai 1918 wurde die Aserbaidschanische Demokratische Republik ausgerufen, nachdem eine kurzlebige Transkaukasische Föderation mit Georgien und Armenien zwei Tage zuvor gescheitert war. Sie existierte bis zum Einmarsch der XI. Roten Armee am 28. April 1920 nur 23 Monate. In dieser Zeit gelang es ein Staatswesen mit Exekutive, Legislative und Judikative aufzubauen, welches sich zu demokratischen Regeln bekannte, eine Trennung von Staat und Religion umsetzte, die Beteiligung verschiedener ethnischer Minderheiten und politischer Kräfte sowie ein Frauenwahlrecht einschloss. Trotz ausländischer Einflussnahme und Grenzkonflikten konnte eine territoriale Gesamtheit der Aserbaidschanischen Republik hergestellt werden, die Öffnung der Transportwege und die Wiederaufnahme der Erdölproduktion waren entscheidende Schritte für die Stabilisierung des öffentlichen Lebens. - Diesen Schritten beim Staatsaufbau nachzugehen, ist Inhalt der vorliegenden Dokumentensammlung. Sie konzentriert sich – neben einer Einführung in den historischen Kontext – auf eine Auswahl von Quellen zur Innen- und Außenpolitik vom Mai 1918 bis Mai 1919.
Das Schicksal der Deutschen Südkaukasiens gehört im Vergleich zu Untersu-chungen über die Wolga- oder Ukrainedeutschen zu den bisher weniger berück-sichtigten Themen der Forschung über die Geschichte und Kultur der Russland-deutschen. Als relativ kleine Siedlungsgruppe mit ca. 20 Tausend Kolonisten im Jahre 1920 und rund 45 Tausend Deutschstämmigen bei ihrer Deportation im Jahre 1941 schrieben sie jedoch mit an der neuzeitlichen Geschichte der kaukasischen Völker und der deutsch-kaukasischen Beziehungen. Um hier zu neuen Erkenntnissen zu kommen, wurde in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft "Wiedergeburt", der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde in Aserbaidschan und dem Göttinger Arbeitskreis e.V. im Oktober 1995 unter Leitung der Herausgeberin in Baku eine "Arbeitsgruppe zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Kaukasusdeutschen" gegründet.
In der zweiten Hältfte des 18. Jahrhunderts rief Zarin Katharina II. Ausländer zur Besiedlung und Kultivierung ins Russische Reich. Ein relativ unbekanntes Kapitel stellt die Ansiedlung Deutscher in Südkaukasien dar, die sich 2017-2019 zum 200. Mal jährt. Obwohl ihre Anzahl vergleichsweise gering war – bei ihrer Deportation 1941 waren es rund 50.000 –, hinterließen sie in der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung der Region tiefe Spuren. Nicht nur in der Architektur der Hauptstädte Tiflis/Tbilissi und Baku sind sie bis heute kaum übersehbar; auch bei der Industriealisierung der Region spielten deutsche Firmen eine wichtige Rolle. Außerdem hatten die Siedler einen großen Anteil am Gedeihen der Wein- und Spirituosenproduktion sowohl im Russischen Reich als auch in der frühen Sowjetunion. Zugleich galten die deutschen Siedlungen bis in die 1930er Jahre als Vorbild kommunaler Selbstverwaltung. Nach dem deutschen Einmarsch in die Sowjetunion 1941 erfolgte die Deportation nach Zentralasien und Sibirien. Viele verloren ihr Leben auf diesem Leidensweg, ihr Anteil an der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung beider Imperien war dem Vergessen ausgesetzt. Diesem Erbe stellen sich seit 1991 die jungen Nationalstaaten Georgien und Aserbaidschan.