Daniela Bohde Livres





Waldbilder der Frühen Neuzeit werden oft als Ausdruck eines neuen Naturempfindens und als Vorbote romantischer Naturästhetik interpretiert. Doch der Wald war auch ein umkämpfter Wirtschaftsraum, der Holz lieferte, als Standort frühindustriellen Gewerbes diente und als Viehweide sowie Jagdgrund genutzt wurde. Der Band untersucht das Verhältnis zwischen der intensiven ökonomischen Nutzung des Waldes und den neuen Formen seiner Ästhetisierung. Er hinterfragt die traditionelle Vorstellung, dass funktionale und ästhetische Beziehungen zur Natur einander ausschließen. Stattdessen wird ein transdisziplinärer Ansatz verfolgt, der Nutzung, Wahrnehmung, Darstellung und Fiktionalisierung des Waldes als komplexen Zusammenhang betrachtet. Beiträge aus geobotanischer, historischer und juristischer Perspektive beleuchten die Übernutzung des Waldes durch verschiedene Nutzungsformen sowie dessen Verrechtlichung und kartographische Darstellung. Kunsthistorische, theater- und literaturwissenschaftliche Analysen beschäftigen sich mit der Verflechtung von Waldmotiven in Malerei, Gartenkunst, Dichtung und Oper mit der ökonomischen Sicht auf den Wald. Über die Frühe Neuzeit hinaus plädiert der Band dafür, die gängige Dichotomisierung von Naturästhetik und Naturnutzung zu überdenken.
Jenseits des disegno
Die Entstehung selbständiger Zeichnungen in Deutschland und Italien im 15. Und 16. Jahrhundert
- 360pages
- 13 heures de lecture
Die von der Theorie des disegno unabhängige Entwicklung der selbstständigen Zeichnung entglitt bisher der Aufmerksamkeit der Forschung. So wurde kaum registriert, dass in Deutschland nach 1500 in großer Zahl selbstständige Zeichnungen entstanden, diese aber in Italien eine Ausnahme blieben. Der vorliegende Band thematisiert erstmals diese Diskrepanz und eröffnet vielfältige Perspektiven auf das Phänomen der selbstständigen Zeichnung. Die Autorinnen und Autoren konturieren das Helldunkel als spezifische Erscheinungsform der selbstständigen Zeichnung und betrachten ihre Gattungen und Motive, erläutern mediale Experimente zwischen Zeichnung, Druckgrafik und Malerei und untersuchen Rezeptions-, Sammlungs- und Transformationsprozesse.
Kunstgeschichte als physiognomische Wissenschaft
Kritik einer Denkfigur der 1920er bis 1940er Jahre
Physiognomik gilt als eine obsolete esoterische Disziplin, deren Bedeutung sich für die Kunstgeschichte darauf beschränkt, Porträts und Ausdrucksstudien in ihrem historischen Kontext zu verstehen. Sie muss jedoch als ein grundlegendes methodisches Vorbild der kunsthistorischen Forschung verstanden werden. Nicht nur in der Entstehungsphase des Faches um 1800, vor allem im frühen 20. Jahrhundert durchziehen physiognomische Denkfiguren nahezu alle relevanten methodischen Ansätze. Namhafte Kunsthistoriker wie Heinrich Wölfflin, Wilhelm Pinder, Hans Sedlmayr oder Wilhelm Fraenger bezogen sich auf die Methode der Physiognomik, um aus der äußeren Form auf das verborgene Innere des Kunstwerks zu schließen. So wurde der Charakter des Werks, des Künstlers oder auch von Volk, Nation und Rasse bestimmt. Diese ‚physiognomische‘ Fähigkeit der Kunstgeschichte, das Sichtbare zu deuten, machte sie zu einer Leitwissenschaft für viele andere Disziplinen wie die Psychologie und die Rassenforschung, die häufig selbst auf der Physiognomik beruhten. Zugleich dienten diese dazu, der Kunstgeschichte ein anthropologisches Fundament zu verleihen. Physiognomik erweist sich so als eine Bildwissenschaft, die nicht nur für die Entwicklung der kunsthistorischen Methodik von größter Bedeutung war, sondern auch bei den aktuellen Bemühungen um eine Aufwertung des Bildes eine Rolle spielt.
Weder Haut noch Fleisch
- 208pages
- 8 heures de lecture
Im Zentrum des Buches steht der Begriff Inkarnat, der die Haut- und Fleischtöne in der Malerei bezeichnet. Es ist frappierend zu beobachten, wieviel Sorgfalt Künstler vom Mittelalter bis zur Gegenwartskunst auf die Darstellung menschlicher Haut verwendeten, um eine möglichst lebendige Wirkung zu erzielen. Die besondere Bedeutung rührt daher, dass der menschliche Körper das wichtigste Bildthema in der europäischen Kunst ist. Um 1400 aus dem Bereich der Theologie in die Sprache der Kunstliteratur überführt, suggeriert der Begriff Inkarnat, die Kunst des 'Fleischmalens' gleiche dem religiösen Prozess der Fleischwerdung. Mit dem Ausdruck ist bis heute die Vorstellung verbunden, dass das gemalte Fleisch lebt. Der Terminus eröffnet daher gleichermaßen einen Zugang zur Geschichtlichkeit der Körperdarstellung wie zu den theoretischen Grundlagen der europäischen Malerei. Die Autoren des Bandes erläutern die Maltechniken, die die Künstler einsetzten, um den Anschein lebendiger Körper zu erzeugen, sowie die damit verbundenen Körperkonzepte. Die profunde Einführung gewährt Einblick in die 'Fleisch'-Malerei Jan van Eycks, Tizians und Caravaggios sowie Jakob Schlesingers und betrachtet darüber hinaus die Siebdrucke von Andy Warhol.