Das 18. und 19. Jahrhundert umschlossen einen grundlegenden Wandel der ländlichen Gesellschaft und der agrarischen Wirtschaft. Dieser war in Frankreich nicht allein durch die Revolution, in Deutschland nicht ausschließlich durch die Agrarreformen geprägt. Ebenso wichtig waren vielfältige Initiativen, die »von unten« ausgingen. Die Beiträge in diesem Buch geben einen umfassenden Überblick über die neuesten Forschungen zu zentralen Fragen der Agrarforschung in Frankreich und Deutschland. Im Einzelnen geht es um Grund- und Gutsherrschaft als soziale Praxis, um die Strategien von Groß- und Kleinbetrieben in Situationen des sozialen und wirtschaftlichen Wandels, um die bäuerlichen Familien und ihre vielfältigen Vererbungspraktiken, um kollektiven Besitz und gemeinschaftliche Wirtschaftsformen im Zeitalter des »agrarischen Individualismus« sowie um das Verhalten der verschiedenen Akteure auf dem entstehenden Bodenmarkt.
Reiner Prass Livres



Die agrarischen Reformideen des 18. Jahrhunderts hatten das Ziel, durch die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität eine wachsende Bevölkerung dauerhaft ernähren zu können. Im 19. Jahrhundert wurde vieles davon legislatorisch umgesetzt: Die Landwirtschaft sollte aus gemeindewirtschaftlichen Bindungen gelöst und die agrarische Betriebsführung individualisiert werden. Für Reiner Prass ist diese »Bauernbefreiung« mehr als ein rechtlicher und verwaltungstechnischer Vorgang. Er konfrontiert die obrigkeitlichen Reformprogramme mit den sozialen und ökonomischen Bedingungen in einer ausgewählten Region und fragt nach der praktischen Durchführung der Reformen. Untersucht werden die Vorgänge im südlichen Niedersachsen. Die Reformen kamen zunächst nicht voran, weil die Bauern die vom Königreich Hannover erlassenen Gemeinheitsteilungen und Verkoppelungen finanziell nicht verkraftet hätten. Je nach wirtschaftlicher Interessenlage leisteten wechselnde bäuerliche Gruppen aber eigenständige Beiträge zur Produktivitätssteigerung. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Teilungen dann jedoch durchgeführt, unter veränderten ökonomischen Bedingungen und nach langem Wechselspiel zwischen staatlichem Vorgehen und bäuerlichen Interessen. Reiner Prass verbindet die verschiedenen Aspekte der agrarischen Reformen des 19. Jahrhunderts und erweitert so das Bild von der Entstehung der modernen Landwirtschaft.
Seit den letzten großen Übersichtswerken zur Agrargeschichte sind mehrere Jahrzehnte vergangen. Das Forschungsgebiet hat sich seitdem in Inhalten und Methoden außerordentlich erweitert und diversifiziert. Dieses von einschlägigen Autoren verfasste Werk erzählt in drei Bänden die Agrargeschichte vom Mittelalter bis in die Moderne neu. Es behandelt klassische wirtschaftsgeschichtliche Aspekte wie die Steigerung der Produktivität und bietet neue Akzente – etwa durch vielseitige Wechselbezüge zwischen Land- und Stadtökonomien. Wiederholt werden kulturgeschichtliche Schwerpunkte gesetzt und dabei besonders die Faktoren Bildung und Wissen betont. Umweltgeschichtliche Themen wie der Klimawandel und sozialgeschichtlichen Themen werden bis in die Gegenwart hinein verfolgt. Insgesamt zeichnen die Autoren nicht nur die großen historischen Prozesse nach, sondern arbeiten auch regionale Differenzierungen heraus.