Isabel Exner Livres



Wird Kultur besonders in Zeiten der Krise als Widerstand gegen etablierte Strukturen gedacht, stellt sich die Frage, welche Arten von „Gegen-Macht“ innerhalb einer Bewegung des kulturellen Wandels seit den neunziger Jahren auf Kuba entstanden sind. Die kulturelle Produktion wurde durch die ökonomische Zäsur Anfang der neunziger Jahre gleichzeitig zurückgedrängt wie aufgewertet. So sind Konflikte und „Um-Brüche“ zwischen kulturellen Akteuren seit Beginn der „Período Especial en tiempos de paz“ ein wichtiges Moment der Kubaforschung geworden. Die Autoren dieses Sammelbandes zeichnen Fragmente dieser in Transformation begriffenen „mapa cultural“ nach. In den verschiedenen Beiträgen und Gesprächen entsteht so ein Bild dieser Entwicklung in der Kulturproduktion, Soziologie und Geschichte. Damit sollen Aspekte aufgezeigt werden, inwieweit es Kuba fernab seines revolutionären Mythos gelingt, als kultureller und eigenständiger Akteur den Weg in die globalisierte Welt zu finden.
Schmutz
Ästhetik und Epistemologie eines Motivs in Literaturen und Kulturtheorien der Karibik
Schmutz ist Materie am falschen Ort, eine Kategorie, die nur existiert, weil sie sich Platzanweisungen kultureller Ordnungen widersetzt. Eine Ästhetik des Schmutzigen artikuliert sich in Aushandlungen von kulturellen Formen und Normen, sozialen und politischen Machtkonstellationen. Das Buch untersucht die Beziehungen zwischen ästhetischen Modellen und Modellen des Zusammenlebens, die über den prominenten textuellen Ort von ›Schmutz‹ in karibischen Literaturen ausgehandelt werden. In der Karibik wurde die figurative Korrelation zwischen Schmutz, Abfall, Unreinheit und Gesellschaft im Kontext des Kolonialismus v. a. zur Rechtfertigung rassistischer Unterdrückungspraktiken instrumentalisiert. Ende des 20. Jh. s dominieren Entwürfe, die positiv Bezug auf Motivik und Metaphorik der ›Unreinheit‹ nehmen. Mit schmutzigem Realismus und karibischem Cyberpunk wird die Präferenz von Unreinheitsmodellen als imaginative Basis von Kultur(-kritik) allerdings hinterfragt.