Das Sterben Senecas
277 Todesfälle und die Rolle des Arztes in der frühen römischen Kaiserzeit
In der Debatte über gesetzliche Neuregelungen der Sterbehilfe vertreten Altertumswissenschaftler, Medizinethiker und Medizinhistoriker die Auffassung, dass ärztliche (Selbst-)Tötungsassistenz in der Antike, insbesondere während der frühen römischen Kaiserzeit, keine Seltenheit war. Konkrete Beweise für diese Hypothese fehlen jedoch bislang. Fragen wie die nach dem Tod des Augustus, der Rolle von Ärzten bei den Morden an Germanicus und Drusus, und die Beteiligung eines Arztes an der Ermordung des Kaisers Claudius stehen im Raum. Auch die Selbsttötung des Philosophen Seneca durch seinen Leibarzt Annaeus Statius und die ärztliche Beratung, die Nero vor der Vergiftung seines Stiefbruders Britannicus einholte, werden thematisiert. Carsten F. G. Reinhardt untersucht 277 unnatürliche Todesfälle dieser Zeit und die soziokulturellen Rahmenbedingungen ärztlichen Handelns im römischen Kaiserreich. Durch die Analyse historischer Quellen und die Anwendung modernen medizinischen Wissens erforscht der Autor, ob eine ärztliche Tötungsassistenz im Fall Senecas und anderer bekannter unnatürlicher Todesfälle nachweisbar ist.
