Budapester Überschreitungen
Aus dem Ungarischen von Wilhelm Droste.
In Budapest werden Grenzen im doppelten Sinne überschritten. Die Geschichten zeigen immer wieder die Überquerung der Donau, das Wechseln zwischen Buda und Pest, wo unterschiedliche Seelen ihr Unwesen treiben. Gleichzeitig werden die Grenzen der Diskretion überschritten: Geheimnisse werden enthüllt, Gewissheiten erschüttert und Vergessenes ans Licht gebracht. János Térey bietet einen lyrischen (Ver-)Führer durch das heutige und vergangene Budapest, mit Blicken eines Eingeweihten auf diese faszinierende Stadt. An vielen Orten geht es um Liebeskatastrophen, Eifersucht und Betrug, aber auch um die Ästhetik von Filmen oder einen Stalker am Telefon. Leser werden unfreiwillig zu Voyeuren bei einem Pornodreh und bewegen sich in schönen Bauhauswohnungen, die von den Schatten der Vergangenheit heimgesucht werden, da Adolf Eichmann sie zu Tatorten des Terrors gegen Juden machte. Der Erzähler führt uns durch die Tiefen der Stadt mit einer eigenwilligen Sprache, die seine Abwege zelebriert. Jeder Geschichte sind Straßen und Plätze zugeordnet, was die Grenzen zwischen Fiktion und Reportage verschwimmen lässt. Térey bleibt ein Dichter, selbst in Romanen und Dramen, und seine Sprache wirkt wie eine Urkraft. So wird er zu einer markanten Stimme in der ungarischen Gegenwartsliteratur, die Leser befähigt, dem Zeitgeist zu widersprechen und mit ihm zu interagieren.
