Arno Schmidt und Gustav Frenssen – dieser unerledigte Fall wird in der vorliegenden Studie neu aufgerollt. Dabei wird einer von Schmidts längsten Funk-Essays kritisch untersucht, während die Suche nach Erklärungen für die von Nazischatten verdunkelte „Übung in Toleranz“ Schmidts auch durch Frenssens Romanproduktion führt. Die Studie deckt neue Bezugspunkte und intertextuelle Zusammenhänge in Schmidts Rezeption des Dithmarscher Heimatdichters auf und liefert wertvolle Aspekte zur aktuellen Frenssen-Forschung. Es werden die in der Sekundärliteratur betonten Konvergenzen zwischen der Jesus-, Bibel-, Theologie- und Religionskritik beider Autoren beleuchtet, um sie als Differenzen auf der Basis vergleichbarer Ansätze zu verstehen. Schmidts Untertreibungen des nationalsozialistischen Parteigängertums Frenssens und das Ignorieren der offensichtlichen literarischen Verdrängung unterdrückter Triebwünsche werden als Schreibstrategien und didaktische Impulse entschlüsselt, die Schmidts Werke als politischen Großroman umrahmen. Zudem könnte die Studie der vernachlässigten Forschung zu Schmidts Spätwerk neue Impulse liefern: Der Ansatz, Schmidts Vision eines „Eiderreservates“ auf die Schauplätze von Frenssens Leben und Literatur zu beziehen, führt zu neuen und überraschenden Ergebnissen.
Jan Süselbeck Livres


Im Angesicht der Grausamkeit
Emotionale Effekte literarischer und audiovisueller Kriegsdarstellungen vom 19. bis zum 21. Jahrhundert
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Eine Geschichte der Gewaltdarstellung in den Medien von Heinrich von Kleist bis hin zu Quentin Tarantinos »Inglourious Basterds«. Kriegsdarstellungen handeln von Grausamkeit, von Tätern, Opfern und ihren Gefühlen: Trauer, Empörung, Wut oder Hass. Oft zielen sie darauf ab, bei ihren Rezipienten ähnliche Emotionen hervorzurufen. Damit können sie allerdings scheitern: Selbst Gewalt in »Anti«-Kriegsszenarien kann unfreiwillig euphorisierend wirken. Entscheidend ist, wie die Leidtragenden charakterisiert werden - als Freunde oder als Feinde. Jan Süselbeck analysiert emotionale Effekte der Literatur seit Heinrich von Kleist und Lew N. Tolstoi sowie des »Anti«-Kriegsfilms von Lewis Milestones »All Quiet on the Western Front« bis hin zu Quentin Tarantinos »Inglourious Basterds«. Untersucht wird, wie sich die öffentlichen Erregungen über Gewaltinszenierungen vom 19. Jahrhundert bis zum Folterskandal von Abu Ghraib und dessen Rezeption im Internet gewandelt haben. Das Buch bietet eine emotionswissenschaftliche Geschichte des Kriegs in den Medien.