Dornröschen als Medizinal-Story, Aschenputtel eine Kanzelpredigt und der Dummling ein Karrierist? Die Autoren lösen die Märchen nicht aus ihrem historischen Kontext, sondern interpretieren sie mit den Methoden der Mentalitätsgeschichte und der Kultursoziologie. Aus diesem Ansatz wird auch deutlich, wie etwa die Brüder Grimm die Märchen hergerichtet haben "alles schön brav, bar jeder Erotik, zeitgerecht pädagogisierend für die biedermeierliche Kleinfamilie" (Die Welt).§
Beat Mazenauer Livres




Die erzählende Literatur aus der Zentralschweiz von Guido Bachmann bis Josef Zihlmann bestreicht ein weites Feld und kennt viele Gipfel. Im Dreieck zwischen dem engen Urnertal, dem urbanen Luzern und dem sanften Hügelland gegen Norden leben Menschen von unterschiedlichem Schlag. Es begegnen sich Dialekt und Kunstsprache, Heimatgeschichte und literarische Experimente - eine Literaturgeschichte in nuce.
'Lieber barfuß als ohne Buch' erzählt von verschiedenen Aspekten der Bibliomanie, der Sucht des Sammelns und der Liebe zu Büchern. Die Texte sind dabei unterschiedlichster Natur, Nacherzählungen etwa, ein Archiv von Büchergeschichten, historische Texte zur Bibliomanie sowie Essays und Zitate. Mögen die Grenzen zwischen Begehren und Tollheit fließend sein, die Leidenschaft für Bücher besitzt eine Faszination, die schon immer auch Widerspruch erzeugt hat. Von alters her werden Bücher als Überbringer von religiösen, politischen oder moralischen Botschaften zensiert und vernichtet. In diesem Spannungsfeld erzählt dieser Almanach Geschichten über die Seligkeit des Lesens, den Triumph des Wissens, die Lust des Büchermachens oder den Wahn des Sammlers. Er geht nicht historisch vor, sondern trägt durch Unordnung der bibliomanischen Ekstase Rechnung: Verlieren sollen sich die Lesenden darin und assoziativ durch Zitate und Themen wandeln.