Aber nicht im Gleichschritt
Zur Entstehung der Freien Deutschen Jugend
Zur Entstehung der Freien Deutschen Jugend
Jugend und Jugendpolitik im Umbruch der Systeme
Über sechstausend Jugendliche haben auf eine Umfrage der Autorin geantwortet. Nur einige von ihnen können hier zu Wort kommen. Sie alle sind Kinder der DDR, haben Vergangenheit zu bewältigen. Hoffnungen, Ängste und Forderungen werden offenkundig. Die Gedanken und konkreten Vorschläge dieser jungen Leute zu einem Gesamtdeutschland gehen jeden von uns an.
„Um eure Perspektive ist mir nicht bange!“ Diese Abschiedsworte ihres Rektors begleiteten 1939 vierundfünfzig Abiturienten der Dresdner Dreikönigschule in den Zweiten Weltkrieg. Die Hälfte von ihnen kehrte nicht zurück. Was hatte eine willige Jugend gegen ihre eigenen Interessen in das Verderben getrieben? Dieser und weiteren Fragen stellen sich die Überlebenden, heute verstreut in beiden Teilen Deutschlands. Ihre Aussagen, von der Autorin kenntnisreich und sensibel in ein Gerüst historischer Fakten und Zusammenhänge eingefügt, ermöglichen eigenständige Betrachtungsweisen der Interviewpartner über Geist und Ungeist einer Zeit, die sie seit frühester Jugend bis ins Mannesalter prägte. Zu diesem Erlebnisbild zählen die Wandervogelromantik einer freien und bündischen Jugendbewegung, Erziehungskonzeptionen von Staat und Schule in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“, das Ausgerichtetsein in der „Hitlerjugend“ sowie Urteile und Vorurteile eines bürgerlichen Elternhauses. Die Belege sind vielfältig. Sie reichen vom Schulaufsatz, von enthüllenden Darlegungen über eine zunehmende Militarisierung des Alltags, nachdenklich stimmenden Frontbriefen bis hin zu ganz persönlichen Zeugnissen. Eindrucksvolle Bilddokumente vertiefen das Gesagte.
Helga Gotschlich erinnert sich an die dramatischen Momente im Luftschutzkeller während des Bombenangriffs auf Dresden, als Menschen ums Überleben kämpften. Als Historikerin und Teil der Generation der „Kriegskinder“ erzählt sie ihre eigene Geschichte, die sich um die Suche nach ihrem vermissten Vater, „Papa Paul“, dreht. Nach seinem letzten Einsatz als Panzerfahrer in Berlin 1945 kehrte er nicht mehr nach Hause zurück. Der Verlust veränderte das Familienleben drastisch und führte für die heranwachsende Tochter zu einem Verlust von Geborgenheit und einem abrupten Ende ihrer Kindheit. Lange Zeit weigerte sie sich, die neue Realität und die gängigen Erklärungen für vermisste Soldaten zu akzeptieren. Jahrzehnte später ist sie bereit, das Geheimnis um „Papa Paul“ zu lüften und begibt sich, unterstützt von den Methoden einer Historikerin, auf die Suche nach seinen Spuren. Ihre zeitgeschichtliche Rückblende enthüllt ein Familiengeheimnis und hinterfragt die Persönlichkeit des Vaters sowie Leerstellen in ihrer eigenen Biografie. Gleichzeitig bietet ihre Erzählung Einblicke in die Kriegs- und Nachkriegsjahre und reflektiert die psychischen, physischen und zwischenmenschlichen Auswirkungen beider Weltkriege.
Schlagwörter: Deutschland (DDR) ; Gründung ; Freie Deutsche Jugend ; Zeitgenossen ; Biografisches InterviewSachgruppe(n): 64 Sozialgeschichte ; 14 Soziologie, Gesellschaft ; 63 Geschichte und Historische Hilfswissenschaften