Astrid Poier Bernhard Livres





Die Studie untersucht das Pseudonymenspiel „Aventure Ajar“, das Romain Gary zwischen 1974 und 1980 inszenierte und 1981 im französischen Literaturbetrieb für Aufsehen sorgte. Der junge Autor Emile Ajar, dessen Identität lange geheim blieb und große Hoffnungen weckte, stellte sich als Gary selbst heraus, der seit 1946 publizierte und einen eigenen, wenig beachteten Weg abseits der Nachkriegsliteratur verfolgte. Die vier unter dem Namen Ajar veröffentlichten Texte, bekannt für ihre originelle Sprachverwendung, erfreuten sich größerer Erfolge und einer bewussteren Lektüre als Garys gleichzeitig verfasste Romane. Dies fordert eine spezifische literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Pseudonymspiel heraus. Neben biographischen und motivationalen Aspekten, die Garys Ideal des 'brennenden Ichs' betreffen, wird auch das poetologische Verhältnis der beiden Textserien thematisiert. Die Untersuchung bietet Erkenntnisse zur allgemeinen Literaturtheorie, insbesondere zur literarischen Ironie, der Bedeutung des Autornamens sowie zu Pseudonymität und Heteronymität. Vergleichende Texte aus der deutschen und portugiesischen Literatur erweitern den Rahmen der Analyse. Ein theoretischer Schwerpunkt liegt auf Poier-Bernhards Beitrag zur Autobiographie-Diskussion, der eine grundlegende Begriffsklärung zur präzisen Textsortenbestimmung anstrebt.
Texte nach Bauplan
Studien zur zeitgenössischen ludisch-methodischen Literatur in Frankreich und Italien
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Texte nach Bauplan wie das Anagramm, das auf einer Buchstabenpermutation beruht, oder das Lipogramm, das auf einen oder mehrere Buchstaben des Alphabets verzichtet, gibt es seit der Antike. Mit der Gründung von Oulipo, dem Pariser 'Ouvroir de littérature potentielle', bekommt das Prinzip der literarischen 'Contrainte' eine völlig neue Dimension: Erfundene oder wiederbelebte Textbildungsregeln beziehen sich nun auf die unterschiedlichsten Elemente und Aspekte literarischer Kommunikation. Die vorliegende Studie leistet einen aktuellen Beitrag zu Theorie und Analyse von ludisch-methodischer Literatur. Dabei widmet sie sich einzelnen literarischen Texten und erkundet das faszinierende Zusammenspiel von formalen Einschränkungen, inhaltlichen Konzepten und kreativen Prozessen. Neben klassischen Texten von Raymond Queneau, Italo Calvino u. a. gilt die Aufmerksamkeit insbesondere den Arbeiten von Michelle Grangaud, Ermanno Cavazzoni und Anne F. Garréta.
Mit diesem Band wird erstmals die literaturkritische Aufnahme des Werkes von Romain Gary dokumentiert, die aufgrund der disparaten Rezeption der unter den Autornamen Romain Gary und Emile Ajar publizierten Texte von außergewöhnlichem Interesse ist. Eine Sammlung kommentierter Rezensionen und ein umfangreicher Pressespiegel ermöglichen Gary-Forschenden und Studierenden Beobachtungen, die das Werk selbst betreffen und eine Positionierung bzw. Reflexion der eigenen Textrezeption herausfordern, eröffnen zudem aber auch Einsichten in verschiedene Klischees der Literaturkritik, die teils durch ideologische Standpunkte, teils durch poetologische Konzepte bedingt sind und sich ihrerseits in den mehr als vier Jahrzehnten der literarischen Produktion Garys deutlich gewandelt haben.