Erik Seidel Livres






Die großen Gesänge der europäischen Kultur, wie Dantes „Divina Commedia“ und Goethes „Faust“, inspirieren Seidels Kunst. Seine Werke präsentieren sich in neu dimensionierter Form. Beide Figuren müssen die Lethe, den Fluss des Vergessens, überqueren – der eine auf dem Weg ins Paradies, der andere zu den Müttern. Diese Überquerung führt sie zur Aletheia, der tiefsten Wahrheit und Unverborgenheit. Aletheia bedeutet, die Lethe zu überwinden; Wahrheit ist nicht nur ein Urteil, das mit der Realität übereinstimmt, sondern das Entbergen des Seins. Das letzte Geheimnis des Seins ist das Nichts oder der Tod. Hier tritt das Leben aus den Verwicklungen in die „Lichtung“, wo der Mensch in seinem Bewusstsein der Endlichkeit wirklich ist. Seidels letzte Arbeiten siedeln sich genau an dieser Lichtung an, am anderen Ufer der Lethe. In einer von der Rede verstellten Welt stellt sich die Frage, ob Entbergung nur durch Kunstwerke möglich ist. Diese Werke sind kraftvoll und filigran, thematisieren das Vergängliche in unvergänglichen Materialien wie Bronze und Eisen. Patina wird durch Rost ersetzt, und Ablagerungen weichen dem Zeitfraß. Die historische Darstellung muss dem alles verschlingenden panta rhei weichen. Statt technischer Insignien finden wir Gedicht und Geripp. Der Mensch, als Hüter des Seins, wird im Totentanz auf Ölfässern als gescheitertes, scheiterndes Wesen dargestellt.