Lernende und Studierende der Berufs- und Wirtschaftspädagogik an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg sowie der Erziehungswissenschaft, Schwerpunkt Berufliche Bildung, an der Rijksuniversiteit Groningen lernten und forschten gemeinsam in einem Deutsch-Niederländischen Kooperationsseminar zur Berufsbildung. Das vorliegende Sammelwerk dokumentiert einen Teil der Ergebnisse der studentischen Arbeiten und einen weiteren Teil der beteiligten Hochschullehrer und wissenschaftlichen Mitarbeiter. Die Darstellung der Ergebnisse ist in drei Kapitel unterteilt. Um die Möglichkeit zu geben, das Zustandekommen der Strukturen und Organisationsformen der beruflichen Aus- und Weiterbildung in beiden Ländern zu verstehen, stellen die Herausgeber Arbeiten zur historischen Genese der Berufsbildungssysteme in den Niederlanden und Deutschland an den Anfang der Publikation. Anschließend werden gegenwartsbezogene Studien präsentiert, die sich für die niederländische Seite mit der Situation der beruflichen Vollzeitschulen sowie der Modernisierungsstrategien der dortigen Lösungsvarianten beschäftigen. Auf deutscher Seite wird ebenfalls schwerpunktmäßig die Situation der beruflichen Vollzeitschulen thematisiert, die hier noch immer einen untergeordneten Stellenwert in Forschung und Praxis der Berufsbildung besitzen. Ein Beitrag zu den künftigen Entwicklungsperspektiven schließt die Anthologie ab.
Dietmar Frommberger Livres






Die Arbeit thematisiert das Verhältnis von allgemeiner und beruflicher Bildung, indem a) die Anbindungsmöglichkeiten des postsekundären Sektors beruflicher Qualifizierung an den akademischen Bildungsbereich überprüft werden und b) der enge nationale Blick durch eine bilaterale Perspektive überwunden wird. Der gegenwartsbezogenen Analyse der Bildungs- bzw. Berufsbildungssysteme wird dabei jeweils eine historische- systematische Betrachtung vorweggestellt. Für die deutsche Berufsbildungsforschung liegt bislang keine derart umfassende Untersuchung der niederländischen Berufsbildung vor, die gleichsam in komparativen Schlussfolgerungen mündet. Angeregt wird diese Arbeit durch zwei berufsbildungspolitische Reformmaßnahmen: In Deutschland werden die Aus- und Weiterbildungsabschlüsse im Zuge der Attraktivitätssteigerung beruflicher Bildung formal aufgewertet. In den Niederlanden gilt seit 1996 das Wet educatie en beroepsonderwijs, ein Gesetz, das eine ganze Reihe von europapolitischen Imperativen umsetzt und durch seine Variante der „Aussöhnung“ disparater Bildungsbereiche von besonderem Interesse für die Berufsbildungsforschung ist. Der Autor will verschiedene nationale Lösungswege verstehbar machen und die unterschiedlichen Konzepte akzeptieren, gleichzeitig aber auch Anregungen für die aus seiner Sicht zu starren Strukturen deutscher Berufsbildung gewinnen.
Internationale Erfahrungen und Mobilität haben in der Praxis der beruflichen Bildung in Deutschland noch einen geringen Stellenwert. Zwar werden mit dem neuen Berufsbildungsgesetz in 2005 zum ersten Mal Auslandsaufenhalte als Teil der Berufausbildung anerkannt. Gleichwohl muss die Frage beantwortet werden, wie solche Ziele zur Internationalisierung der beruflichen Bildung? umgesetzt werden können. Mit dem vorliegenden Band wird ein Beitrag zur Beantwortung dieser Frage am Beispiel einer deutsch-niederländischen Kooperation in der beruflichen Bildung geleistet. Fragen der organisatorisch-praktischen Umsetzung, der veränderten Anforderungen und Ausbildungsinhalte am Beispiel der Branche Einzelhandel sowie das Thema Grenzüberschreitende Verbundausbildung als Chance zur Umsetzung von Internationalisierungs- zielen in der Berufsausbildung werden in diesem Band erörtert. Darüber hinaus wird das Thema mit den Maßnahmen der Europäischen Berufsbildungspolitik verknüpft, die auf eine grenzüberschreitende Bildungs- und Arbeitskräftemobilität zielen.
Für die international-vergleichende Berufsbildungsforschung liegen bislang nur relativ wenige Kenntnisse vor, die sich primär den Unterschieden und Gemeinsamkeiten in der Rahmung der Lehr-Lernprozesse in der Berufsbildung durch curriculare und didaktische Aspekte widmen. Insofern bleibt die aus der pädagogischen Perspektive vor allem interessierende Frage unbeantwortet, in welchem Verhältnis die disparaten »Architekturen« der Berufsbildung in verschiedenen Ländern zu den Vorgaben und der Gestaltung der Lehr-Lernprozesse stehen. Neben die ordnungspolitisch orientierte Betrachtung nationaler Berufsbildungsstrukturen in Europa rückt mithin die Kenntnisgewinnung der entsprechenden didaktischen Prioritäten. Der didaktisch-curriculare Bezugsrahmen und damit die Mesoebene der Berufsbildung rückt insofern in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die vorliegende Studie stellt einen Beitrag zur Bearbeitung dieser Fragestellung in Deutschland, England und den Niederlanden dar. Schwerpunktmäßig geschieht dies für den Bereich der kaufmännischen Berufsbildung und Qualifizierung. Ausgesuchte »Lehrplanbeispiele« verdeutlichen wesentliche Unterschiede und Entwicklungen zur curricularen Standardisierung der Berufsbildung in ausgesuchten Ländern Europas.