Karin Jürgens Ordre des livres

Milchbauern werden nicht nur von Gewinnchancen motiviert, sondern nutzen ihre Freiräume, um ihre Betriebe mit eigenen Ideen und Innovationen zu gestalten. Ihr Wirtschaften spiegelt ihr individuelles Verhältnis zur Landwirtschaft wider und zeigt die Werte und Einstellungen, die sie mit ihrer Tätigkeit verbinden. Die Autorin analysiert Betriebsbiografien und verwendet das Konzept der Wirtschaftsstile, um die vielfältigen Maßstäbe und Motive der Milchbauern zu beleuchten. Sie argumentiert, dass es zahlreiche Entwicklungsoptionen zur Zukunftssicherung landwirtschaftlicher Betriebe gibt, die über das einfache Wachstum hinausgehen. Das Buch zielt darauf ab, in Diskussionen zur modernen Landwirtschaft einen positiven Bezug zu den in der Praxis entwickelten Ideen und deren wirtschaftlicher Realität herzustellen. Oft wird in gesellschaftlichen Debatten eine Veränderung der „Wirtschaftsgesinnung“ der Bauern gefordert, sei es in Bezug auf Erträge oder Nachhaltigkeit. Doch ohne selbstständige Landwirte, die eigene Antworten und Ideen entwickeln, bleibt eine Vorstellung von zukunftsfähiger Landwirtschaft unvollständig. Eine grundlegende Veränderung in der Landwirtschaft ist möglich, erfordert jedoch, dass die Vielfalt wirtschaftlicher Gestaltungsmöglichkeiten in die Überlegungen zur zukünftigen Entwicklung einfließt.

Karin Jürgens behandelt in diesem Buch ein Thema von großer Aktualität, insbesondere seit dem Auftreten von BSE und der Maul- und Klauenseuche. Durch Expertengespräche und Interviews in landwirtschaftlichen Familienbetrieben, die in den 90er Jahren von der Schweinepest betroffen waren, wird rekonstruiert, wie Landwirte die Betroffenheit von Tierseuchen und die Tötung ihres gesamten Tierbestandes wahrnehmen und verarbeiten. Die Dokumentation umfasst die Situation, Betroffenheit und psychosoziale Probleme landwirtschaftlicher Familien. Die Autorin zeigt, dass Tierseuchen nicht nur ökonomische, sondern auch traumatisierende Auswirkungen auf Landwirte haben können. In diesem Kontext kommt Kirche und Religion eine bedeutende Rolle zu. Das Buch appelliert an die Gesellschaft, die psychosoziale Lage betroffener Landwirte in die öffentliche Diskussion über die Folgen von Tierseuchen in der industrialisierten Landwirtschaft einzubeziehen. Es enthält Empfehlungen für landwirtschaftliche, psychosoziale und kirchliche Beratungsinstitutionen im Umgang mit Krisensituationen. Diese Studie soll zudem einen Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs über die Verantwortung der Landwirtschaft gegenüber Mensch und Tier leisten. Es richtet sich an Landwirte, Veterinärmediziner, landwirtschaftliche Verbände, Politik, Kirche, Medien und eine interessierte Öffentlichkeit.

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