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Birte Giesler

    "... wir Menschen alle sind Palimpseste ..."
    Scheffel-Kalender 2001
    Literatursprünge
    Gelegentlich: Brecht
    • Die Arbeitsstelle Bertolt Brecht (ABB) am Institut für Literaturwissenschaft der Universität Karlsruhe ist seit ihrer Gründung 1989 eine zentrale Anlaufstelle für Brecht-Forschende. Jan Knopf, seit 1984 Professor für Literaturwissenschaft an der Karlsruher Universität und Mitherausgeber der Großen kommentierten Berliner und Frankfurter Ausgabe der Werke Brechts, leitet die Einrichtung. Er hat zahlreiche Publikationen zu Brecht, Friedrich Dürrenmatt, Johann Peter Hebel und zur Tradition der Kalendergeschichte verfasst. Anlässlich des 15-jährigen Bestehens der ABB fällt dieses Jubiläum mit dem 60. Geburtstag von Jan Knopf zusammen. Der Band ist keine traditionelle Festschrift, sondern dokumentiert die Vielfalt der von Knopf beeinflussten Schwerpunkte der Literaturwissenschaft sowie die beiden Großprojekte der ABB. Jan Knopfs Motto in Lehre und Forschung spiegelt sich in den Beiträgen wider: Neben aktuellen Studien zu Brechts Texten finden sich auch Arbeiten zu Werken aus verschiedenen Epochen, von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, sowie zur literaturwissenschaftlichen Gender-Forschung.

      Gelegentlich: Brecht
    • Birte Giesler lädt zur Wiederentdeckung einer im 18. Jahrhundert geschätzten Autorin ein, die Geschlechterstereotype mit Esprit und Scharfsinn beleuchtet. Die Texte von Friederike Helene Unger (1751-1831), einst viel gelesen und gerühmt, sind heute weitgehend vergessen, was ungerecht ist. Ihre Erzählwerke, die im Zentrum des Berliner Literaturbetriebs der Goethezeit entstanden, zeigen eine spezifische Literarizität, die den künstlerischen Entstehungskontext reflektiert. Ungers Texte spielen ironisch mit literarischen Mustern und den Konventionen des sich etablierenden modernen Literatursystems. Besonders prägnant ist die Auseinandersetzung mit den großen Antipoden der Epoche: Goethe und die Brüder Schlegel. Friedrich Schlegel bezeichnete Unger als eine der „größten Tendenzen des Zeitalters“, während Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre als zentraler erzählerischer Bezugspunkt dient. Ungers intertextuelle Prosa reflektiert das Gattungsmuster ironisch-kritisch, was zu einer Revision der Gattungsgeschichte des Bildungsromans führt. Die erste Monographie über Unger enthält zudem eine umfassende Dokumentation mit Werkverzeichnis und einer Liste der überlieferten Autographen, die zukünftigen Forschern den Zugang zu teils schwer zugänglichen Quellen erleichtert.

      Literatursprünge
    • Diese Studie interpretiert Hedwig Dohms Roman als intertextuellen Dialog, insbesondere im Hinblick auf Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre. Während der Roman oft als Autobiographie der Autorin betrachtet wurde, zeigt der ästhetische Ansatz, wie er das klassische Bildungsroman-Paradigma auf eine weibliche Biographie anwendet und dabei negativ umkehrt. Die Ich-Erzählerin Marlene Bucher scheitert in ihrem Bildungsprozess, da sie als Frau dem Mann als „Fremde“ und „Andere“ gegenübergestellt wird. Dohms Werk wird feministisch-gendersensibel gelesen und nutzt das männlich dominierte Sprachsystem gegen sich selbst. Es erweist sich als raffiniert und modern, thematisiert das Verhältnis von Subjektivität und Textualität und stellt durch uneigentliches Sprechen die Geschlechtsidentitäten in Frage. Diese neue Lesart führt zu einer gender-kritischen Diskussion über den von Männern dominierten Bildungsroman. Die Autorin, geb. 1968, hat Literaturwissenschaft, Soziologie und Philosophie in Karlsruhe und Freiburg studiert und arbeitet an ihrer Dissertation über das erzählerische Werk von Friederike Helene Unger (1751-1813). Zudem betreut sie das Scheffel-Archiv im Museum für Literatur am Oberrhein in Karlsruhe.

      "... wir Menschen alle sind Palimpseste ..."