Organisationsformen von Gericht und Prozess In der Prozessrechtsgeschichte gab es zwei große Epochen: die ohne staatliches Gewaltmonopol und diejenige mit staatlichem Gewaltmonopol seit 1495. Das Studienbuch zeigt, wo und in welchem historischen Umfeld diese Weichenstellungen entstanden sind und welche anderen Möglichkeiten es gab und bis heute gibt, Gericht und Prozess zu organisieren. Dabei geht es immer um den Zusammenhang von Staatsgewalt (Herrschaft, Obrigkeit) und Professionalisierung der Juristen (gelehrtes, ungelehrtes Recht). Die Untersuchung erstreckt sich von der Völkerwanderungszeit bis zur Gegenwart, sie berücksichtigt älteste einheimische und auch kirchliche Traditionen. Zahlreiche Quellen und Beispiele zeigen, wie Recht und Gericht in der Praxis funktionierten. So wird hier Grundwissen zum einem zentralen Thema der Rechtsgeschichte anschaulich und lebensnah vermittelt.
Peter Oestmann Livres






Ich betreibe Rechtsgeschichte
119 Liebeserklärungen
Rechtsgeschichte macht Freude. Mit diesen drei Worten lasst sich das abwechslungsreiche, mit farblich bebilderten Fotos gestaltete Lesebuch auf den Punkt bringen. Die Universitat bleibt ein Reich der geistigen Freiheit, und eine kleine Spezialdisziplin wie die Rechtsgeschichte ubt wie eh und je ihren ganz besonderen Zauber aus. Manchmal ist es wichtig, solche einfachen Wahrheiten auszusprechen. Um Aussenstehende zu erreichen, benotigt man nicht nur spannende Inhalte, sondern vor allem Menschen, die dafur einstehen. Hier sind es uber einhundert. Sie alle eint die Begeisterung fur ihr Fach. Nicht nur Professoren kommen zu Wort. Studenten sind ebenso beteiligt wie Doktoranden. Historiker und Archivare legen ihr eigenes Zeugnis ab wie auch Rechtsanwalte, Richter und eine Verlagsmitarbeiterin. Man entdeckt einen verhinderten Basketballprofi, einen Friedhofsbesucher, leidenschaftliche Forscher oder engagierte Heimatfreunde. Ein Mitwirkender ist ganz ehrlich und schreibt, warum er keine Rechtsgeschichte betreibt.
Geistliche und weltliche Gerichte im Alten Reich
Zuständigkeitsstreitigkeiten und Instanzenzüge
- 859pages
- 31 heures de lecture
Geistliche und weltliche Gerichte mit unscharfen Zuständigkeiten bestimmten über viele Jahrhunderte die Gerichtsverfassung. Der Autor blickt auf das Alte Reich mit seinen verschiedenen Fürstentümern, Reichsstädten und mehreren Konfessionen und kann dabei die gemeinrechtlichen Lehren schnell in partikulare Kleinteiligkeit auflösen. Prozessakten aus zahlreichen Territorien zeigen, worum die Parteien im Grenzbereich beider Gerichtsbarkeiten kämpften. Farbige Fallschilderungen verbinden sich mit der Darstellung verbissener Auseinandersetzungen um Instanzenzüge, Privilegien und Zuständigkeiten für ganze Lebensbereiche. Im Vergleich dazu zeigen sich überregionale Muster – Bausteine für eine künftige Geschichte der Rechtspraxis. Das Buch richtet sich im Grenzbereich von Religion, Recht und Politik über die engere Rechtsgeschichte hinaus auch an Kirchen- und Landeshistoriker und eröffnet in seiner anschaulichen Darstellung neue Einblicke in Grundprobleme der frühneuzeitlichen deutschen Geschichte.
Rechtsvielfalt vor Gericht
Rechtsanwendung und Partikularrecht im Alten Reich
Die Frage nach dem anwendbaren Recht vor Gericht ist ein zentrales Problem der frühneuzeitlichen Rechtsgeschichte. Die Rezeption des römischen Rechts führte zur Zurückdrängung einheimischer Rechtsgewohnheiten durch gelehrte Juristen. Dies geschah aufgrund einer Geltungsvermutung zugunsten des römischen Rechts und der Behandlung lokaler Rechtsquellen als beweisbedürftige Tatsachen. Bisher wurde die Rechtsanwendungstheorie nur anhand zeitgenössischer juristischer Literatur untersucht, ohne dass die Praxis mit dieser Literatur in Verbindung gebracht werden konnte. Die Arbeit analysiert Prozeßakten des Reichskammergerichts, um das Rechtsanwendungsproblem in der frühen Neuzeit in erster und zweiter Instanz zu beleuchten. Im Fokus stehen die Argumentation der Parteien, Details der Beweisführungen und die Rechtsanwendung des Gerichts. Es werden zwei Reichsstädte, Frankfurt am Main und Lübeck, mit unterschiedlichen Rechtskulturen betrachtet, die sich in der Anlehnung an das gelehrte römisch-kanonische Recht stark unterscheiden. Die Ergebnisse zeigen Ansätze eines neuen Gesamtbildes, das auf zeitgenössischer Rechtsvielfalt, anwaltlicher Prozeßführung unter Unsicherheitsbedingungen sowie richterlicher Entscheidungsfreiheit und Begründungsvielfalt basiert.
Zur Gerichtspraxis im 19. Jahrhundert
Ein Schmuggeleiprozess am Oberappellationsgericht Lübeck. Einführung und Edition. Teil 1: Einführung und Edition; Teil 2: Edition, Abbildungen, Register
Die kommentierte Edition macht erstmals eine umfangreiche Prozessakte des 19. Jahrhunderts für die rechtshistorische Forschung zugänglich. Das Oberappellationsgericht Lübeck, von den Zeitgenossen als Deutschlands gelehrter Gerichtshof gerühmt, musste sich in fünf Verfahren mit Schmuggeleigeschäften auf der Ostsee zwischen Lübeck und Russland beschäftigen. Es ging unter anderem um Hinweispflichten in gegenseitigen Verträgen und um die Diskriminierung von Ausländern. Zahlreiche Frachtverzeichnisse sind von hohem wirtschaftsgeschichtlichen Wert. Gerichtsurteile verschiedener Instanzen und Juristenfakultäten, scharfsinnige Relationen, hochkarätige Auseinandersetzungen um prinzipielle Rechtsfragen und die Lichtgestalt des berühmten Präsidenten Arnold Heise machen die Lektüre zu einem Erlebnis, „kräftig und frisch, wie reine Seeluft“.
Der zweite und abschliessende Teilband der kommentierten Edition zeigt die Rechtssetzung des Reichshofrats zwischen 1613 und 1798. Die Gemeinen Bescheide, hier oft Decreta communia genannt, behandeln praktisch wichtige Fragen des zeitgenossischen Prozessrechts sowie des Anwaltsrechts. In hohem Masse geht es um Einzelheiten des Lehenswesens, das auch in der fruhen Neuzeit am Kaiserhof weiterhin eine zentrale Rolle spielte. Wie im 2013 erschienenen ersten Teilband zum Reichskammergericht (978-3-412-21062-5) beruht die historisch-kritisch Ausgabe erneut auf umfassender Archivarbeit und zahlreichen zeitgenossischen Drucken. Ein Gesamtregister fur beide Teilbande rundet die Edition ab.
Gemeine Bescheide
Teil 1: Reichskammergericht 1497–1805. Eingeleitet und herausgegeben von Peter Oestmann
Oberste Gerichte im vormodernen Europa waren in einem weithin unbekannten Ausmaß zugleich Rechtssetzungsorgane. Sie entschieden nicht nur Fälle, sondern reformierten das Verfahrensrecht, erließen 'Policeyordnungen', übten Dienstaufsicht über Anwälte, Kanzleipersonal und Boten. Vor allem wenn die ordentliche Gesetzgebung blockiert war, erlangten solche gerichtlichen Erlasse hohe Bedeutung. Deswegen sind besonders Reichshofrat und Reichskammergericht mit der Verkündung sogenannter Gemeiner Bescheide hervorgetreten. Der erste Teil der kommentierten Edition macht in einer historisch-kritischen Ausgabe sämtliche Gemeinen Bescheide des Reichskammergerichts von 1497 bis 1805 zugänglich. Der zweite Teil mit den 'Decreta communia' des Reichshofrats von 1613 bis 1798 (978-3-412-21063-2) enthält die kommentierten Erlasse des zweiten obersten Reichsgerichts sowie das Gesamtregister.
Zwischen Formstrenge und Billigkeit
Forschungen zum vormodernen Zivilprozeß
- 342pages
- 12 heures de lecture
Jedes Gerichtsverfahren ist von Förmlichkeiten geprägt. Das galt in der Vormoderne besonders für das schriftliche Verfahren vor dem Reichskammergericht und eingeschränkt auch für den Reichshofrat, also für die beiden obersten Gerichte des Alten Reiches. Die Beiträge des Bandes verbinden normengeschichtliche Ansätze mit Untersuchungen zur Rechtspraxis, greifen dabei ins Mittelalter zurück und in die Moderne voraus und versuchen, das Spannungsverhältnis zwischen Formstrenge und prozessualer Billigkeit interdisziplinär auszuweiten. Der europäische Rahmen wird dabei ebenso berücksichtigt wie die Diskussion um die Effizienz von frühneuzeitlichen Gerichtsverfahren.