Wyclin Luke, 26 Jahre alt, ist ein wiederkehrender Patient in der City of Rest, einem Tageszentrum für Jugendliche, das 1985 von Pastor Ngobeh gegründet wurde. Zuvor lebte er als Rastaman und führte ein einfaches Leben mit Drogen und Musik, bis der Krieg in sein Leben brach. Ein einschneidendes Erlebnis hatte er, als ein Mörser während des Hörens eines Snoop-Dogg-Songs durch die Decke krachte. Die City of Rest bietet heute Unterstützung für Drogenabhängige, Alkoholiker, Straftäter und Menschen mit schweren Depressionen. Die Gemeinschaft spiegelt die Vielfalt Sierra Leones wider, mit Jugendlichen aus verschiedenen sozialen Schichten und Regionen. Ein Patient stammt aus Sankt Petersburg und spricht besser Russisch als Kreol, ein anderer ist Anglopakistani. Wyclin bemerkt, dass er nicht der Schlimmste in der Gruppe ist, und verweist auf einen Mann mit leerem Blick, den er als möglicherweise „den Satan“ bezeichnet. Einige glauben, vom Teufel besessen zu sein. In der Einrichtung herrscht ein ständiges Rasseln, das Wyclin an die Ketten erinnert, die er trägt. „Der Mensch ist nicht dazu geboren, Ketten zu tragen“, sagt er und träumt von einem Hoffnungsschimmer.
Pedro Rosa Mendes Livres



Tigerbucht
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1999: Ein norwegischer Bischof reist in die junge Republik Osttimor, um den Verbleib des javanesischen Architekten Alor aufzuklären. Dieser verschwand spurlos in den Unruhen des Unabhängigkeitskrieges. Pedro Rosa Mendes umreißt 500 Jahre Unterwerfung und Widerstand, die sich in zwanzig turbulenten Geschichtsjahren Osttimors manifestieren. Denn nachdem sich die ehemalige Kolonialmacht Portugal 1974 zurückzog, standen sich das indonesische Militär, pro-indonesische Milizen und Unabhängigkeitskämpfer gegenüber. Ihrem unerbittlichen Krieg fielen große Teile der zivilen Bevölkerung zum Opfer. Die Suche nach Alor ist auch eine Suche nach Identität, Gedächtnis und Zugehörigkeit. Fehlt „nur“ der junge Architekt – oder seine Nation samt ihrer Vergangenheit, ihrer Zukunft? Wer sich an Alor erinnert, manipuliert die Vergangenheit, um die Zukunft zu lenken: Völkermörder und Freiheitskämpfer, Priester und Heiler, Ahnengeister und sündige Liebhaber, Kollaborateure und Abtrünnige – sie alle kommen zu Wort. Polyphon, moralisch herausfordernd, historisch dicht, verstörend und trotz allem poetisch: „Die Pilgerfahrt des Enmanuel Jhesus“ ist eine inspirierende Reise, auf die man gehen, von der man lesen sollte.