Jakob Kapeller Livres




Seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2007 steht die Ökonomie in der Kritik. Sie wird nicht nur beschuldigt, die Entstehung der Krise und deren langfristige Entwicklungen nicht ausreichend vorhergesehen zu haben, sondern auch für ihren engen Denkstil, der auf rationalem, eigennützigen Verhalten und effizienter Marktallokation basiert. Dieser Denkstil erschwert das Erkennen systemischer ökonomischer Probleme und trägt zu deren Entstehung bei. Im Kontext der Finanzkrise zeigt sich der signifikante Einfluss ökonomischen Denkens in verschiedenen Zusammenhängen. Vor diesem Hintergrund wird das traditionelle Verständnis ökonomischer Wissenschaft in Frage gestellt. Der Band untersucht alternative Ansätze und deren Erklärungskraft sowie Durchsetzungspotentiale. Die Beiträge umfassen Themen wie die Wirkungsgeschichte von F. A. Hayek, ethische Kriterien zur Bewertung ökonomischer Theorien, die Verbindung von Erbschaften und Vermögen, sowie die Rolle alternativer Wirtschaftspolitik und die Unkonventionelle Geldpolitik der Zentralbanken. Weitere Analysen befassen sich mit der induktiven Beobachtung von Finanzmärkten, der Ökonomik von Kurt W. Rothschild und der sozioökonomischen Perspektive von Karl Rodbertus. Auch die „Landnahme“-These von Rosa Luxemburg wird empirisch untersucht, um deren theoretische Validität zu hinterfragen.
Modell-Platonismus in der Ökonomie
Zur Aktualität einer klassischen epistemologischen Kritik
Der Philosoph und Ökonom Hans Albert artikulierte in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts unter dem Titel des «Modell-Platonismus» eine weitreichende Kritik an dem in der Ökonomie vorherrschenden Modelldenken. In diesem Kontext demonstriert diese Arbeit die anhaltende Relevanz dieser Kritik an der neoklassischen Ökonomie. Darüber hinaus wird diese an entscheidenden Stellen erweitert und ergänzt: So werden die spezifischen Kritikpunkte Alberts auf allgemeine Strukturprinzipien neoklassischer Theorie zurückgeführt, die eine Immunisierung gegenüber Kritik systematisch forcieren. Ergänzung findet diese Auseinandersetzung, die Struktur und Aufbau neoklassischer Modelle aus einer philosophischen Perspektive analysiert, durch eine kritische Reflexion institutioneller Abläufe und empirischer Praktiken ökonomischer Forschung.
Das Menschenbild moderner, neoklassischer Ökonomie - der höchst effiziente, vollständig rationale und sozial unbeeinflusste homo oeconomicus - wird durch eine Reihe basaler Annahmen über menschliches Verhalten in Entscheidungssituationen charakterisiert, die eine zentrale Rolle in weiten Teilen ökonomischer Forschung und Theoriebildung einnehmen. Die vorliegende Arbeit widmet sich einerseits der Untersuchung wissenschafts-theoretischer Grundlagen dieser fundamentalen „ökonomischen Axiome“ und versucht andererseits die (engen) Grenzen der Anwendbarkeit derartiger simplifizierender Annahmen in Bezug auf menschliches Verhalten darzustellen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es auf Basis einer derartigen kritischen Betrachtung des Menschenbilds moderner Ökonomie Ansatzpunkte für potentielle Modifikationen bzw. Verbesserungsmöglichkeiten der ökonomischen Verhaltenstheorie zu erarbeiten, um ein tieferes Verständnis der Komplexität menschlichen Verhaltens zu ermöglichen.